Description of the "Giant Weather-Harp"

Beschreibung der "Riesen-Wetterharfe"

Lichtenberg, Georg Christoph
in:
Göttinger Taschenkalender, 1789, pp.129-134 (see literature part)
in Rubrik:
"Neue Erfindungen, physikalische und andere Merkwürdigkeiten."

(...) Folgendes ist mir von einem Freund aus einem Reise=Journal vom Jahr 1787 mitgetheilt worden: "Zu Basel zeigte uns Herr Hauptmann Haas (Anmerkung: Wilhelm Haas) die sehr merkwürdige Wetterharfe (Etwas davon hat man in den Zeitungen gelesen). Er hat aus seinem Gartenhause 15 Eisendrähte über den Garten hin nach dem Hofe gespannt, die 320 Fuß lang sind. Sie stehen ungefähr 2 Zoll von einander ab; die dicksten haben 2 Linien im Durchmesser (Anmerkung: Eine Linie entsprach 1/12 eines Zolls, also etwa 2,2mm), die mittleren 11/2, und die dünnsten sind 1 Linie stark. Sie liegen alle in der Ebene des Meridians, machen mit dem Horizont einen Winkel von 20 bis 30 Graden, und sind durch Walzen mit Sternrädern und Sperrhaken stark gespannt.

Bey jeder Veränderung des Wetters tönen diese Saiten, bald glaubt man den Ton eines Theekessels zu hören, ehe das Wasser in demselben zum Sieden kommt, bald eine Harmonika, bald ein fernes Geläute, bald eine Orgel. Oft wird das Getöne so stark, daß das Concert im Garten=Saale gestört wird.

Der Erfinder dieses sonderbaren Wetterzeigers ist ein Propst zu Bürkli unweit Basel, Pater Ventan (Anmerkung: Es handelt sich hierbei um die Propstei Schloß Bürgeln im Südschwarzwald, die zu dieser Zeit im Besitz der Abtei St. Blasien war; der Probst war zu dieser Zeit Pater Fintanus Linder; siehe den Brief Bernoullis and die königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin). Er schoß zuweilen aus dem Fenster nach der Scheibe, mochte aber nicht nach jedem Schusse zu der Scheibe gehen, hing also dieselbe an einem langen Eisendraht auf um sie daran herbey und wieder zurückziehen zu können. Nun bemerkte er des Nachts zuweilen, daß sein Draht tönte. Er gab genauer Acht, theilte die Beobachtung einigen italienischen Gelehrten mit, und es zeigte sich, daß jeder Eisendraht, wenn er mit der Mittagslinie parallel gepannt wird, bey jeder Änderung des Wetters dieses Getöne mache. Messingdraht tönte nicht, eben so wenig Eisendraht von Osten nach Westen gespannt" -

Es könnte wohl gar seyn, daß eine umständliche Beschreibung dieser Riesen=Wetterharfe und eine Erzählung der darüber angestellten Versuche vorhanden wäre, die uns noch nicht zu Gesicht gekommen ist. Wäre dieses aber nicht der Fall, so sollte es uns ungemein freuen, wenn der vortreffliche Besitzer dieses einzigen Instruments, sich durch diese unsere Aufforderung bewegen ließe, das Publicum mit einem solchen Aufsatz zu beschenken.

Magnetismus, wie man zu glauben scheint, ist wohl schwerlich hierbey im Spiel, wenigstens müßte man hierauf nicht eher versuchen, bis alle andere Bemühungen die Erscheinung leichter zu erklären, vergeblich gewesen wären. Vermuthlich ist entweder Bewegung der Luft, oder Veränderung der Drahte durch Hitze und Kälte, oder verschiedene Spannung derselben durch Feuchtigkeit, die auf das Gebäude wirkt, woran sie befestigt sind, Ursache. Denn sind die Drahte 320 Schuhe lang und unter einem Winkel von 30° gegen den Horizont geneigt, so ist das höhere Ende 160 Schuhe über das niedere erhoben: würde also diese Elevation nicht etwa durch den Abhang eines Hügels, sondern durch ein Gebäude ganz oder größentheils erhalten, so kann auch Feuchtigkeit die Spannung der Drahte verändern, und geschieht dieses nicht stäte sondern stoßweise, Töne hervorbringen.
Eben so kann Veränderung in der Temperatur der Luft wirken. Das regelmäßige Knacken der Ofenplatten und der eisernen Ofenthüren beym Einheizen sowohl als nachher beym Erkalten zeigt, daß diese Ausdehnung beym Eisen ruckweise geschieht, wodurch bey den Drahten ein Prallen und ein Ton entstehen kann, der bey dem empfindlichen Messing, dessen Ausdehnung stäter ist, nicht statt findet. Daß, als die Drahte von Osten nach Westen gespannt waren, die Töne nicht gehört worden sind, beweist so lange nichts als es unausgemacht ist, ob alle übrigen Umstände auch gleich waren, welches kaum zu erwarten ist. Vorzüglich müßte die Bewegung der Luft in Betracht gezogen werden. Denn daß der Wind nicht immer so auf die ihm entgegengesetzten Körper stößt, als man gewöhnlich glaubt, nähmlich wie ein stäter Strohm, kann man daraus abnehmen, daß z.B. kleine Zweige oder Hälmchen, die er biegt, nicht gebogen stehen bleiben, sondern in Schwingung gerathen; so daß also ein geringer Luftzug durch wellenförmige Bewegung leicht eine so lange Saite tönen machen kann, während eine andere darneben nicht tönt. Wäre es freylich ganz ausgemacht, daß eine solche messingene Riesen=Harfe alsdann nicht tönt, so hätte man allerdings den Grund davon in anderen Veränderungen zu suchen. (...)

Anmerkung: In den "Annalen für Physik" Bd. 79 aus dem Jahre 1825 (pp. 471-473)
schreibt E.F.F. Chladni zu dieser "Wetterharfe":

(...) Dass die Drähte tönten, wenn sie zwischen Nord und Süd, nicht aber wenn sie zwischen Ost und West gespannt waren, davon ist die Ursache nicht etwa in einer elektromagnetischen Wirkung zu suchen, sondern darin, dass in der dortigen Gegend, wegen des von O nach W sich erstreckenden Rheintales, welches etwas weiter hin eine mehr nördliche Richtung nimmt, die meisten Winde sich (so wie es auch im Neckarthale bei Heidelberg der Fall ist) zu Westwinden oder Ostwinden umändern. Wenn die Saiten also in der Richtung des Meridians gespannt waren, konnten die Winde in der Quere darauf wirken, welches aber nicht geschehen konnte, wenn die Saiten in der Richtung des Windes gespannt waren. Ueberhaupt sind viele Physiker, Chemiker, Aerzte usw., gar zu geneigt, eine künstliche Eklärung einer einfachern vorzuziehen, und manches als dynamische oder chemische Wirkung anzusehen, was sich doch auf eine weit einfachere Art durch eine blos mechanische Wirkung erklären lässt. (...)

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