Im Folgenden finden Sie eine buchstabengetreue Abschrift (keine Druckfehler...) von

aus: Lausizische Monatsschrift; Görlitz; 1795; pp.277-282

von: Quandt, Dr.Christian Friedrich
(Musikschriftsteller; Arzt; geb. 17.9.1766 in Herrnhut / Oberlausitz; gest. in Niesky / Oberlausitz 30.01.1806)

 

 

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Versuche und Bemerkungen über die Äolsharfe

 

II.

Daß die Äolsharfe ein Saiteninstrument ist das, dem Winde ausgesezt, für sich zu tönen anfängt, ist wohl den meisten bekannt. Doch ist im ganzen darüber weniger bekannt worden, als das Instrument verdiente, und es ist von den blos praktischen Musikern, wenn sie ja etwas davon gehört haben, vermuthlich für eine blosse Spielerei angesehen worden. Dies mag es allerdings für diejenigen seyn, die den ganzen Werth der Musik und ihre eigene Geschiklichkeit blos darin sezen, schwere Passagen, sei es auf welchem Instrumente es wolle, herauszubringen. Für den theoretischen Musiker ist dies Instrument von mehr Wichtigkeit, weil er hier Harmonie, die ihm in ihrer grössesten Einfachheit mehr gilt, als alle blos melodischen


 

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Künsteleien und musikalische Kapriolen, ohne Zuthun der Kunst in ihrer grösten Reinheit entstehen hört. -- In dem Götting. Taschenkalender von 1792. steht S.137. ein schöner Aufsaz über dies Instrument von Herrn Hofr. Lichtenberg, das Instrument wird hier nach der englischen Angabe des Hrn. Jones beschrieben.

Zu meinen Versuchen fand ich aber das simplere Instrument, welches Pat. Kircher in seiner Phonurgia S. 148. beschreibet (der wohl für den Erfinder dieses Instruments gehalten werden kann) bequemer und auch wirksamer. Das engl. Instrument ist zusammengesezter, und tönt doch nicht frei im Winde, sondern bedarf ebenfalls eines durch eine Fensteröfnung beschränkten Luftzuges. Daher sezte ich die Saiten des Instruments direkt dem durchs Fenster kommenden Zuge aus und verfuhr folgendermassen mit dem besten Erfolge. -- Einen Kasten von troknem Fichtenholze 3 bis 4 Schuh lang 7 Zoll breit, 5 tief, gab ich eine Resonanzdekke von dünnem Tannenholz; spannte auf dieselbe 8 Darmsaiten von der Dike der A Saite auf der Geige, über 2 am schmalen Ende des Kastens befindliche niedrige aber scharfe Stege und stimte die Saiten im Einklang (unisono) Die hintre Seite des Kastens lies ich unbedekt, indem ich fand, daß hierdurch der Anspruch erleichtert und der Ton lauter wurde. - Dies simple Instrument (*)

*) Hr. v .Meyer in Görliz stellte nachher ebenfalls mit einem auf diese Art eingerichteten Instrumente


 

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stellte ich nun der Länge nach senkrecht auf die Fensterbank, die Saitenoberfläche schräg dem 1 1/2 bis 2 Zoll geöfneten Flügel eines Fensters ohne Fensterkreuz, das der Windseite zulag zugekehrt, so daß der Wind ungefähr unter einem Winkel von 140 bis 150 Grad auf die Saiten stieß, und beförderte den Zug durch die Öfnung der Stubenthüre. So wie der Wind sich erhob, entstanden entzükende Töne. Bald war es Ton der Orgel, bald der Harmonika, bald der Geige, Flöte, bald entfernter Gesänge, bald Harpaggio der Harfe. Das allmählige stete Anwachsen des Windes verursachte das schönste oft minutenlang immer mehr schwellende crescendo. Das decrescendo folgte meist schneller. Der schwächre Wind erregt meist den Grundton; der stärkre, Quinte und Oktave, auch grosse Terzie, also den vollen Dreiklang, so rein als ihn kein menschlich Gehör auf einem andern musikalischen Instrumente abstimmen wird. Oft entsteht die kleine Septime, und wenn der Wind stark wächst, so entsteht meist in der 3ten Oktave vom Grundton der Saiten an gerechnet, eine Skale von Tönen, wie sie auf dem Horne oder der Trompete folgen, wenn man diese Instrumente bläßt,

Versuche an die sehr befriedigend ausfielen, wobei die seltenste Erscheinung diese war, daß sich bei schwachem Winde, öfters die tiefere Oktav des Grundtons in welchen das Instrument gestimmt war, vernehmlich hören lies.


 

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ohne sie zu temperiren. Ich hatte zum Grundton das kleine Baß C gewählt, erhielt also dies Gaukelspiel in der zweimal gestrichnen C Oktave.

Wollte man die Saiten der Äolsharfe im Dreiklang stimmen so würde man meist Dissonanzen hören, sobald die Saiten die ihrem Grundton verwandten Töne hören lassen. Z.B. von der Terzie e klänge die Quinte h und von der Quinte g dessen Quinte d mit. Also klänge d. h. c zusammen. - Ist der Wind ungestüm, und trift er stoßweise, so dämpft er den Ton eben so schnell als er ihn erregt hat. Die Saite überwirft sich auch wohl und es entstehen schnell die höchsten Töne; oder man hört ein schnell vorüberschwindendes Harpaggio, das oft angenehm genung ist. Bei fortwachsendem Winde (am besten gelang es mir immer bei Ost oder Nordostwinde) erhält der Ton oft eine solche Stärke, daß das Instrument schüttert, und ein darauf gelegter Körper z.B. ein Schlüssel anfängt zu schwirren, das ganze Haus tönt, und man die Musik 20 bis 30 Schritt weit ins Feld hinein hört. Oft dämpfte ich alle Saiten bis auf eine, und erhielt dann aus derselben mehrere Töne zugleich; wie auch Hr. Jones und wenn ich nicht irre, Pat. Kircher schon bemerkt hat. Oktave, grosse Terzie und kleine Septime mit dem Grundton liessen sich am meisten zu gleicher Zeit hören. Der Saz also: daß eine gespannte Saite, die erschüttert wird, nur einen


 

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bestimten Ton zu einer Zeit hören läßt, ist nicht algemein wahr, wie in den Lehrbüchern der Fysik angenommen wird.

Zu beliebigen musikalischen Vortrage dürfte dies Instrument freilich schwer zu brauchen seyn, man müste dann, während der Wind drauf wirkt, mit den Fingern wie auf dem Grifbrete der Geige moduliren, welches sich aber aus vielen Ursachen wohl schwer würde thun lassen. Durch Rükung des Stegs läst sich allenfals hier etwas ausrichten. Es ist aber oft schon schwer das Instrument auf seine eigenthümliche Weise in Bewegung zu sezen. - Einer der gewissesten Pläze ist an der Küchenthüre, wo meist ein starker Zug nach dem Heerde dringt, oder an einem Kamine.

Eine Idee, die sich hierbei leicht aufdringt, durch künstlichen Wind das Instrument tönend zu machen, oder überhaupt Saiten zu blasen, wie Hr. Hofr. Lichtenberg zu versuchen vorschlägt, verfolgte ich bei der Gelegenheit durch Versuche und fand so viel: durch eine gehörige Vorrichtung mit Blasbälgen (die aber nicht klein seyn dürfen) und einer Windlade, erhielt ich aus einer Seite das nämliche, was durch den Zugwind erfolgte; aber die ganze Saitenfläche zu erschüttern war der Wind nicht stet genug. Die hierzu nöthige stet anhaltende nicht heftige aber breite Luftströmung durch künstl. Wind hervorzubringen, würde ein Volumen der Blasbälge erfordert, das mit der kleinen


 

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Äolsharfe in sehr ungleichem Verhältnis stehen würde. Auch würde wohl durch künstliche Vorrichtung ein grosser Theil des originellen Reizes dieses lustigen Tonspiels verschwinden.

 


 

 

 

 

 

 

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