Papierherstellung
am Beispiel
des
japanischen Washi


Japan vor vielen Jahren...

An einem frischen Gebirgsbach liegt eingebettet zwischen Bergen ein Papiermacherdorf...
Im Wasser stehend, haben Arbeiter das vorbereitete Rindenmaterial zum Bleichen ausgelegt...
Am Uferweg transportiert ein Lastträger fertig verpackte Papierstapel auf seiner Tragestange...
Vor den Häusern stehen Bretter mit aufgebürsteten Papierbögen zum Trocknen in der Sonne...

 

 

 

Stellen Sie sich vor,

 

 

 

 
Sie wachen morgens auf...

 

 

 
und

 

 

 

 
es fehlt
Papier...

 

...Sie stehen auf und knipsen das Licht an... geht nicht, kein Strom, denn die Isolation des Starkstromkabels welches Ihr Haus versorgt ist aus Papier..., Sie machen eine Kerze an- mit dem Feuerzeug natürlich, denn auch das Papp-Zündholzschächtelchen mit der Reibefläche gibt's nicht... Sie müssen noch eben schnell auf's Klo - Mist, schon wieder hat einer vergessen, neues Klopapier hinzuhängen! Ach ja, das Papier... Sie gehen ins Bad um sich für einen anstrengenden Tag zurechtzumachen... neben der Waschmaschine fällt Ihnen ein loser Haufen Waschpulver auf - genau, die Verpackung fehlt... und wo sind eigentlich die Schminktüchlein? Beim Anziehen kommt Ihnen Ihr Geldbeutel in der Hosentasche so seltsam dünn vor... oh je, sämtliches Papiergeld, der Führerschein und ihre Fahrzeugpapiere fehlen. Diebstahl? - ach ja... Sie gehen zum Frühstücken ins Wohnzimmer... im Kerzenschein kommt Ihnen Ihr Wohnzimmer so seltsam kahl vor - richtig, die Bilder an der Wand sowie die Tapete fehlen... und erst die Bücherregale - gähnende Leere. Sie möchten jetzt gerne wie jeden Morgen die Zeitung lesen? Auch aus Papier, gibt's heute nicht. Im nun schon vertrauten Schein der Kerze gehen Sie in die Küche, machen den Gasherd an und bereiten sich heißes Wasser für Ihren Frühstückstee. Abgesehen davon, daß der Tee lose im Schrank in einem Eckchen liegt läßt sich trotz intensivem Suchen kein Teefilter finden... Als Sie den Kühlschrank aufmachen trauen Sie Ihren Augen nicht. Das reine Chaos. Wurst und Käse liegen in trautem Durcheinander, der Orangensaft fließt orientierungslos herum und tropft auf die nackte Butter... Sie suchen mit Ihren Augen die Küchenrolle zum Abwischen - vergebens... Frustriert setzen Sie sich und möchten sich eine Zigarette anzünden, finden jedoch nur ein Häufchen Tabak in Ihrer Jackentasche - die Zigarettenschachtel hat sich ebenso wie die Zigarettenhüllen samt Filtern verflüchtigt...
Also dann halt nicht... und los zur Arbeit! Sie steigen ins Auto und drehen den Zündschlüssel. Nichts tut sich..., denn Ihrem Auto fehlen mangels Papier sowohl Teile der Zündspule, des Ölfilters, der Luft- und Benzinfilter, die Platinen der elektronischen Steuerung ganz abgesehen von Teilen der Innenverkleidung Ihres Wagens... alles aus Papier...
Ach ja, à propos Arbeit und Berufsausbildung... können Sie alles vergessen, haben Sie nämlich keine - denken Sie an die vielen Bücher, aus denen Sie Ihr Schul- und Berufswissen haben... vom Bürobetrieb ganz zu schweigen...
Sie wischen sich mit einem Tempo-Papiertaschentuch den Schweiß von der Stirn - Gott sei Dank - alles nur ein Traum...

 

Das Ganze ließe sich endlos fortspinnen. Unser Alltagsleben in heutiger Form wäre schlicht unmöglich ohne das unverzichtbare Papier.

Das Wort Papier ist abgeleitet von der Papyruspflanze (Cyperus papyrus), einem schilfartigen, bis zu mehreren Metern hohen Sumpfgewächs. Aus Papyrus gewann man im alten Ägypten bereits um 3000 vor Christus beschreibbare Bögen indem man den Stengel der Pflanze in dünne, möglichst breite Streifen schnitt, diese dicht nebeneinander kreuzweise versetzt in Schichten aufeinander legte, mit einem aus Mehl, heißem Wasser und Essig bestehenden Leim bestrich, presste, trocknete und schließlich mit Glättinstrumenten aus Muscheln oder Knochen glattstrich. Ägyptische Papyrusfunde zeigen, daß die Herstellung bereits damals recht vollkommen war

Seit uralten Zeiten stellen die Polynesier weiche und wunderbar dekorierte Papier-Kleidung aus dem in Südostasien wildwachsenden Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera s. Übersicht über Verwendung) her. Die genialen Seefahrer der Südsee führten bei ihren frühen Erkundungsfahrten über hunderte von Kilometern ins Ungewisse nur Frauen, die bereits geboren hatten (zukünftige Arbeitskräfte!) mit, außerdem sämtliche für eine Besiedelung notwendigen Nahrungspflanzen, darunter auch diesen Maulbeerbaum um sich Kleidung herstellen zu können...
Die Papierkleidung war so warm und winddicht, daß aus dem alten China Klagen von Leuten überliefert sind, die monieren, daß diese Papierkleidung zu luftundurchlässig sei und daß den Menschen darin zu heiß würde...
 
Sie denken, das gab es nur in Asien? Weit gefehlt. Bereits "Ötzi", der 5000 Jahre alte Gletschermann aus Südtirol, hatte Socken aus Lindenbast-Papier an seinen Füßen... Die Vorformen der Papiertechnologie sind uralt und auf der ganzen Welt verbreitet.

...diese "Erfindung" ist streng genommen Millionen Jahre alt... denn Wespen, Hornissen und andere Insekten machen ihre Nester aus nichts anderem als Papier:

...aus feinem, durchscheinenden Papier - ein Wespennest im Bau...

Weiches Holz wird von den Tierchen abgekaut, mit Speichel vermischt und dieser Faserbrei an die Wabenwände des kunstvollen, mehrstöckigen Baues geklebt, wo er dann zu zähem, grauem Papier eintrocknet...
 

Das Papier so wie wir es heute kennen wurde etwa im 2. Jahrhundert vor Christus zum erstenmal in China erwähnt und mußte damals bereits einige Zeit existiert haben, da schon zu dieser Zeit eine gewisse Vollkommenheit der Papiertechnologie erreicht war. Man nahm Seidenabfälle als Faser-Grundstoff, was die Verwendung von verklebenden pflanzlichen Zusätzen nahelegt.
Das älteste Stück Papier stammt aus China aus einer Zeit zwischen dem Jahr 140 und 87 v. Chr. Es besteht aus zerstoßenen Hanffasern und die Markierungen auf dem unregelmäßig dicken, und groben Papier zeigen, daß man den Papierbrei nach einer Technik, die noch bis in das 20. Jahrhundert  beispielsweise in Kambodscha angewendet wurde, auf Stoffmatten ausbreitete und zum Papier trocknete und nicht wie heute allgemein üblich, mit Sieben schöpfte.
Schon im Jahre 93 v.Chr. empfiehlt ein Mitglied der kaiserlichen Garde einem Prinzen, seine Nase mit einem Stück Papier zu bedecken - das erste Papiertaschentuch...
12 v.Chr. erwähnt ein Bericht über einen Giftmordfall, daß das Gift in ein Stück rotes Papier eingewickelt war...
Das älteste beschriebene Stück Papier, welches einige Dutzend chinesische Schriftzeichen trägt, läßt sich aufgrund des Fundortes unter einem Wachturm auf 110 n.Chr. datieren.
Im Winter hielt man Betten mit Papiervorhängen warm und im Sommer hatte man dünne Papiervorhänge als Moskitonetze.
Der Dichter Lu You bedankt sich um 1200 n.Chr. beim Philosophen Zhu Xi für eine Papierdecke: "...Ich habe den ganzen verschneiten Tag unter einer Papierdecke verbracht. Sie ist weißer als Fuchspelz und weicher als Baumwolle."
Im Jahr 1393 wurden für die Notdurft der kaiserlichen Familie Chinas 720 000 Blatt Toilettenpapier der Größe 90 x 60cm hergestellt, dazu noch für besonders "Bedürftige" Spezialpapier: "...dick, aber weich und parfümiert..."
Papiergeld, Papierdrachen, Papierschirme, Origami und viele andere Produkte sind chinesische Erfindungen.

Offiziell wird die Erfindung dem chinesischen Minister Ts'ai Lun zugesprochen, der 105 n. Chr. dem Kaiser Ho-ti (Han-Dynastie) über das Aufschließen von Pflanzenfasern und Geweberesten durch Zerstampfen in Steinmörsern und das Schöpfen und Verfilzen der Fasern mit Hilfe eines siebartigen Formrahmens aus Bambus berichtete.

Von China aus verbreitete sich die Kunst nach Korea und Japan (7. und 8. Jahrhundert). Im Flußtal des Thalas  im heutigen Turkestan machten die Araber 715 n.Chr. chinesische Kriegsgefangene, die sie nach Samarkand verschleppten. Die Gefangenen gaben das Geheimnis der Papierherstellung preis und so lief die arabische Papierproduktion an.
500 Jahre lang als Staatsgeheimnis gehütet, verkauften die Araber ihre Papierproduktion lieber mit Profit an die Europäer, anstatt ihnen das Geheimnis zu verraten... jedoch gelangte das Wissen um die Kunst mit den arabischen Eroberungszügen allmählich nach Vorderasien, Afrika, Spanien und Italien (1300 n.Chr.) und von dort nach Nordeuropa.

Die erste deutsche Papiermühle war die 1389 von Ulman Stromer umgebaute Gleismühle bei Nürnberg...
 

An den grundlegenden Prinzipien der Papierherstellung hat sich seit dieser Zeit bis auf den heutigen Tag nichts geändert. Lediglich die Handarbeit wurde allmählich durch immer perfektere und effizientere Maschinen übernommen.

.

.

.

.

.

.

.

Fein säuberlich an Klammern aufgehängt...

Papierbögen trocknen vom Wind

der Jahreszeiten umfächelt...

.

 

. 

 

.

.

.

.

.

auf dem Trockenboden einer alten Papierfabrik...

 

.

 

. 

 

.

Weiß wie Schnee - Die Papierbögen schimmern im Gegenlicht wie Seide...
Museums-Papiermühle Homburg am Main



Der Pro Kopf Papier-Verbrauch belief sich bereits im Jahre 1977 auf ca.140kg; 7 1/2 Millionen Tonnen wurden damals allein in der Bundesrepublik Deutschland verbraucht...
Eine moderne Papiermaschine mit Endlos-/ Rundsieb produziert heute etwa 10 Meter Papier pro Sekunde...

Die westliche Papiere sind häufig "fast food" Papiere. Also Papiere, die für einen ganz bestimmten Zweck maßgeschneidert sind. Beispielsweise muß Zeitungspapier gut bedruckt werden können, ist jedoch nicht für lange Haltbarkeit vorgesehen.
Diese Papiersorte zerfällt regelrecht nach spätestens mehreren Jahren zu Staub...
Zeitungspapier steht als Synonym für die Misere des westlichen Maschinen-Papiers:
Als Mitte des 19. Jahrhunderts der Papierbedarf immer größer wurde und der Rohstoff "Hadern", also Baumwolllumpen immer knapper, entdeckte man, daß an großen Steinen abgeschliffenes Holz "Holzschliff" als Zusatz für Papier benutzt werden konnte. Dies führte zu einer Zunahme der Papierproduktion bei gleichzeitig erheblicher Senkung des Arbeitsaufwandes und damit des Preises...

Jedoch wird beim Holzschliff das Lignin, der Bindestoff der Holz-Zellulosefasern nicht ausreichend entfernt, was ein rasches Vergilben bewirkt wenn das Papier mehrere Wochen liegt. Besonders schnell geht das im Sonnenlicht...
Außerdem wurde das Papier, damit es gut beschrieben werden konnte, also die Tinte nicht "auslaufen" kann, noch geleimt, das heißt mit wässrigen Harzlösungen versehen. Dabei wird Kalium-Aluminium Alaun KAl(SO4)2 zugesetzt, welches im Lauf der Zeit hydrolysiert und Schwefelsäure freisetzt. Dies führt dazu, daß Zeitungspapier nach einigen Monaten Aufbewahrung, wenn es leicht geknickt wird an der Knickstelle bricht und so regelrecht zerfällt.
Sie meinen, bei Zeitungen ist das nicht so tragisch, da sie nur einmal gelesen und dann weggeworfen wird...
Recht haben Sie!
Jedoch stammt ein Großteil des Buchbestands vieler westlicher Bibliotheken aus der Zeit von Mitte bis Ende des 19ten Jahrhunderts und wurde auf obiges Holzschliffpapier gedruckt - damit werden diese Bücher in absehbarer Zeit regelrecht zerfallen, wenn sie nicht zeit- und geldaufwendig gerettet werden können...
 
Nicht so in Asien, denn...

In Südostasien hat sich die Papierherstellung in seiner ursprünglichsten Form erhalten und wurde dort zu einem Produkt verfeinert, das an Perfektion auf der ganzen Welt unerreicht ist.

Die perfekteste Technik wurde im Lauf der Jahrhunderte in Japan erarbeitet und wird heute noch unverändert produziert.

Im Jahre 610 wurde ein koreanischer Mönch namens Doncho vom König von Korai (Koguryo) nach Japan geschickt.. Doncho war nicht nur ein ausgezeichneter Gelehrter der buddhistischen Schriften, sondern kannte auch die Geheimnisse der Farben-, Tinte- und Papierherstellung; so wurde in Japan die Papierherstellung alsbald aufgenommen.

Das älteste Papier Japans nach der "washi"-Methode datiert aus dem Jahr 702 und wurde für die Steuerregistrierung verwendet. Es existieren mehrere über 1000 Jahre alter Belegexemplare alter Dokumente in verschiedenen japanischen Museen. Das Papier ist immer noch in gutem Zustand.

Japanpapier - niemand der es jemals in Händen hielt wird sich dem Eindruck entziehen können, daß dieser Stoff lebt wie eine Haut. Sein Glanz, die Schönheit seiner Fasern, die Farben, die zu leuchten beginnen, wenn man es bemalt, die Konsistenz, anzufassen wie lederartiger Karton bis zu flauschiger Weichheit von Stoff; Faszination Papier...

Washi kann für den jeweiligen Spezialzweck regelrecht maßgeschneidert werden. So gibt es absolut fusselfreie Papiere zur Linsenreinigung optischer Instrumente, Papiere für Teefilter, Calligraphie, die verschiedensten Drucktechniken, besonders gut falzbare Papiere für Ori(falten)gami(papier), hauchdünne, durchsichtige Papiere für Buchrestaurierungen, Spezialpapiere für Lampen, die auch bei langem Gebrauch nicht gilben, Papiere für Kleidungsstücke(!), besonders weiße, gut durchscheinende Spezialitäten für die japanischen Schiebetüren, besonders reißfeste Papiere für Drachen die, wie der Wan-Wan-Drachen bis zu einer Tonne wogen.

Die verrückteste Japan-Papier Anwendung die ich fand, wirft auch gleichzeitig ein besonderes Licht auf die Leistungsfähigkeit der Washi-Herstellung:

Während des zweiten Weltkrieges gab es ein besonderes Bomben-Ballonprojekt an dem zwischen 1944 und 1945 aberhunderte japanische Papiermacher an 10,000 Ballons arbeiteten. Zwei Jahre zuvor hatten Tests ergeben, daß Ballons für die 9900km Distanz zwischen dem japanischen Mutterland und Amerika zwischen 30 und 100 Stunden benötigten, wenn sie in einem Jetstream flogen. Dies ergibt eine Reisegeschwindigkeit von durchschnittlich 170km pro Stunde.
 
Eines der Hauptprobleme bei der Ballonentwicklung war, daß dieser trotz des allmählichen Verlustes von Wasserstoffgas und großen Temperaturdifferenzen zwischen Tag und Nacht eine konstante Höhe halten mußte. Das Problem wurde dadurch gelöst, daß zusätzlich zur Bombenlast 32 Sandballast-Säckchen mit einem Mechanismus so angebracht wurden, daß nicht nur automatisch Sand abgeworfen wurde wenn der Ballon ein bestimmte Höhe unterschritt, sondern daß bei Erreichen Nordamerikas die Bomben automatisch abgeworfen wurden.
 
Die Bedingungen unter denen das Papier hergestellt wurden waren sehr hart, da das Militär von den Hunger leidenden Papiermachern über ganz Japan Höchstleistungen verlangte und der gesamte Reis gebraucht wurde, um die Soldaten zu ernähren. Nach
R.Mikesh wogen die hauchdünnen Papiere etwa 15g/m2, von denen je drei bis vier Bögen ähnlich wie Sperrholz mit kreuzweise versetzter Faserrichtung mit Hilfe von Kartoffelleim aufeinandergeklebt wurden.
Wenn der Klebstoff getrocknet war, wurden die Verbundpapiere in eine alkalische Sodalösung getaucht, kurz in Wasser abgespült und dann mit einer Glyzerinlösung behandelt.
Dies verhinderte ein Hartwerden und Brechen der papierenen Ballonhülle in den extrem niedrigen Temperaturen der großen Höhen, in denen der Ballon fliegen sollte.
Das Papier wurde zugeschnitten und von speziell trainierten Gymnasialschülerinnen zu einer Ballonhülle von 9,9m Durchmesser aus 600 einzelnen Verbundpapierstücken verklebt.
Zum Schluß wurde alles mit einem wasserfesten Lack angestrichen; dies ergab einen leichten, luftdichten Ballon.
Während des Krieges verhängten die Amerikaner eine Nachrichtensperre über alles was mit Ballongeschichten zu tun hatte...
Im Frühjahr 1945 wurde das Projekt wegen mangelnden Nachschubs und mangelnder Nachrichten über erfolgreiche Ballonüberquerungen eingestellt.
Man schätzt, daß von 9000 losgeschickten Ballons ca. 1000 die Überquerung schafften. Die geographische Streuung war auf eine solch lange Strecke natürlich enorm.
Die nördlichsten Ballone kam bis zu den Aleuten, die südlichste verbreiteten Schrecken bis Neu-Mexiko. Der östlichste gemeldete Bombenangriff kam sogar bis Michigan, flog also über fast ganz Nordamerika hinweg bis auf die andere Seite...
Insgesamt richteten die Bombenballone nur geringen materiellen Schaden an; 6 Personen wurden getötet. Jedoch war das Potential in Bezug auf ausgelöste Waldbrände und Tod wesentlich größer als von den Amerikanern wahrgenommen wurde; insbesondere wenn biologische oder chemische Kampfstoffe zum Einsatz gekommen wären...
Wenn man vom kriegerischen Zweck absieht, beeindruckt das Ballonprojekt als das größte jemals unternommene Vorhaben mit handgeschöpftem Papier...

 

"Washi"-Papier; die Rohmaterialien 

Die wasserunlöslichen Zellulosefasern der für Papier verwendeten Pflanzen bestehen aus Traubenzuckermolekülen. Deshalb "kann Zellulose gut mit Wasser", das heißt obwohl wasserunlöslich, ist das Molekül hydrophil und die Papierfasern haben die Tendenz, an Berührungspunkten aneinander zu haften.

Würde man synthetische Fasern wie Polyäthylen, tierische Fasern oder Seide benutzen, so würden diese Materialien im Gegensatz zu pflanzlichen Materialien niemals die Tendenz haben, sich zu einem Blatt zu verbinden. Nach dem Blattformen und Trocknen würden die "Blätter" bei der geringsten Biegebelastung zerbröseln. So braucht es technische "Tricks" wie Klebstoffe oder z.B. beim Tyvek Pressen unter Erwärmung um die Fasern regelrecht zusammenzuschmelzen um einen belastbaren Werkstoff zu formen.

Für "Washi"-Papier werden folgende Pflanzen als Rohmaterial genutzt:

Hanf (cannabis sativa 1  2 ) ist eine einjährige Staude aus der Maulbeerfamilie, die als kriegswichtiger Rohstoff bis vor dem zweiten Weltkrieg auch in Süddeutschland (Baden, Bayern) exzessiv angebaut wurde. Heute, nach Entwicklung rauschgiftarmer Sorten, die jedoch eine geringere Faserlänge aufweisen (Faserlänge ca. 2cm) als die "alten" Sorten (150cm lange Fasern...), trifft man wieder zunehmend auf große Felder. Hierzulande ist vor allem die Faserproduktion für Kleidung und biologisch abbaubare Verbundwerkstoffe für die Autoindustrie gefragt.
In China und Japan wuchs Hanf allenthalben auf Feldern und Hügeln und konnte leicht gesammelt werden. Deshalb war es einst das Hauptmaterial für washi. Da die Aufbereitung der Hanf-Papierfaser sehr arbeitsintensiv war, sank die Verwendung allmählich ab und wird heute nur noch für eine kleine washi produktion genutzt, die vor allem als Malpapier dient.

Kozo (broussonetia kazinoki 1  2)  ist ein langsamwachsender, leicht zu kultivierender Laubbaum der Maulbeerfamilie dessen Astlänge etwa drei Meter erreicht. Der Baum wird ähnlich geschnitten wie unsere Korbweiden und die frischen Schößlinge werden jährlich geerntet. Die lange (ca. 7.2mm; normale Weichholzfasern ca. 2mm Länge), dicke und starke Papierfaser wird für strapazierfähige Papiere für Shojigami (japanisches Schiebetürenpapier), Hyoguyoshi (mounting paper), Künstlerpapiere, Hoshoshi (dickes Kalligraphiepapier) usw. benutzt. Kozo ist das meistgebrauchte Rohmaterial, da die Möglichkeiten der Endnutzung sind sehr breit gefächert sind.
Die Gesamtproduktion von Kozo belief sich in Japan 1980 auf etwa 120 Tonnen.

Mitsumata (Edgeworthia papyrifera)

Mitsumata ist ein langsamwachsender Laubbaum der Daphne-Familie, dessen Äste ca. 2Meter Länge erreichen und der alle 3 Jahre beerntet werden kann. Die Papierfaser  (Länge ca. 3.2mm) ist weich, biegsame, dünn und glänzend. Die Druckeigenschaften von Mitsumata-Papier sind so exzellent, daß japanische Banknoten daraus hergestellt werden, die als die besten der Welt gelten.

Gampi (Wickstroemia Sikokiana / Wikstroemia indica),)

Gampi ist ebenfalls ein langsamwachsender Laubbaum der Daphne-Familie dessen Zeige bis 2 Meter lang werden. Der Schnitt bzw. die Ernte findet alle 3 Jahre statt. Die dünne (ca. 0,2mm) , kurze und glänzende Papierfaser dieses Rohstoffs ist ein ausgezeichnetes Material, jedoch ist das Wachstum des Baumes langsam und die gewerbsmäßige Kultivierung schwierig. Deshalb werden vor allem wildwachsende Pflanzen geerntet. Verwendungszweck ist heutzutage vor allem als "Haku-uchi-shi"-Papier (der suffix "-shi" oder "-gami" bedeutet Papier, der suffix "-yoshi" heißt "verwendet für...") zur Herstellung von Blattgold und Blattsilber sowie für Künstlerpapiere.

Tororo Aoi (Abelmoschus manihot)

Die Benutzung dieser Pflanze war der vielleicht größte Wurf bei der japanischen Papierherstellung. Benutzt wird die Wurzel, die ähnlich einem verzweigten schwarzen Rettich aussieht. Die Wurzel wird zerstoßen und mit Wasser vermischt. Die leicht trübe Lösung "Neri" ist viskös ähnlich Tapetenkleister und zieht Fäden.

Klare, fädenziehende Tororo-Aoi Lösung.
Konsistenz etwa wie Eiklar...

Neri hat als Zusatz zur Papierpulpe die Aufgabe, die Fasern in der Schwebe zu halten, also am Sedimentieren zu hindern. Außerdem kleben die geschöpften Papierbögen nicht aneinander; so kann beim Wasser-Abpressen auf die intermittierende Einlage von Filztüchern verzichtet werden. Bei der westlichen Papierherstellung alter Art waren diese Zwischenfilze unverzichtbar.

 

In den Papiermacher-Dörfer Japans scheint die Zeit stillzustehen. Sie liegen weit außerhalb der großen Städte eingebettet zwischen Bergen, bevorzugt an lichtreichen Südhängen nahe an großen Wasserläufen, es weht ein angenehmer Wind und von überall her ertönt das Geräusch vom Schlagen des Rohmaterials.

Die Stelle, an der das Rohmaterial aufbereitet wird, wird so ausgesucht und gebaut, daß die Temperatur auch im Sommer möglichst gleichmäßig kühl bleibt (leichter Wind) um bakterielle Zersetzungsprozesse von vorneherein zu unterbinden.

Wie überall steht und fällt die Papierherstellung mit der Wasserqualität; am besten ist mineralienarmes Schneewasser... Man rechnet für die Herstellung einer Tonne fertigen Washi ca. 2000m3 Wasserverbrauch;.hierzulande wird weit weniger verbraucht. Man rechnet etwa 200m3 Wasser pro Tonne Papier. An die Wasserqualität werden besondere Ansprüche gestellt.

Ebenso an die Jahreszeit: Für beste Qualität muß es möglichst kalt sein; warum sehen wir weiter unten...

Im Folgenden sollen nun die typischen Arbeitsweisen der washi-Herstellung mit Kozo als Rohmaterial beschrieben werden.

Kozo
- Anbau und Ernte

Kozofelder werden an feuchten, direkt von Sonne beschienenen Südhanglagen angelegt. Die Kozopflanzen, durch Stecklinge vermehrt, werden im Abstand von etwa 1 1/2 Metern gepflanzt. Beim Anlegen und Pflegen der Kozofelder gilt das Gleiche wie bei Bambus - wenn man nicht aufpasst, werden alle umliegenden Gelände allmählich zu Kozofeldern...
Es vergehen etwa 5 Jahre bis zur ersten Ernte. Dann kann jährlich für etwa 40 Jahre geerntet werden. Die Kozopflanzen werden früh im Jahr beschnitten und nur die besten Äste belassen.
Die Ernte, typischerweise die erste Tätigkeit nach Neujahr so um den 10 Januar, erfolgt nach dem Laubfall und vor dem Erscheinen der ersten Knospen. Die richtige Erntezeit bewirkt ein leichteres Ablösen der Rinde nach dem Dämpfen. Um Kozo zu ernten, werden die Äste mit einem beidhändigen Zugmesser nah am Stamm von unten nach oben in einem schrägen Winkel abgeschnitten (erleichtert später das Abziehen der Rinde). Vom Stamm belässt man etwa 10cm, damit der Strauch bald wieder viele Schößlinge austreibt (Ähnlich wie bei unseren Korbweiden!). Die Zweige werden auf etwa 1 - 1,2 Meter abgelängt, je nach Größe des Dämpf-Fasses und anschließend zu Bündeln gebunden. Man rechnet, daß 24 Pflanzen etwa 2 kg getrockneten Kozo liefern.

- das Dämpfen und Entrinden

Die Bündel kommen in das Koshiki Dämpf-Faß aus Holz , mit einem Durchmesser von 1.5 m und einer Höhe von 2 m. Dabei spielt die Holzsorte eine untergeordnete Rolle. Lediglich auf Metall insbesondere Eisen muß auf jeden Fall verzichtet werden, da sonst die Gefahr besteht, daß sich durch Metallsalze unerwünschte Färbungen des Papier-Rohmaterials bilden, welche die Qualität des Papiers stark vermindern. Die Wasserwanne besteht heutzutage vorzugsweise aus Aluminium (nie aus Eisen, s.o!) und ist etwa 25cm tief.
Die Kozozweige werden für etwa zwei Stunden gedämpft (dies schließt etwa eine Stunde ein, in welcher man das Wasser zum Kochen bringt)

Dämpf-Fass aus Holz

Unmittelbar nach dem Dämpfen werden die Zweige entrindet und die Rindenstreifen für den Transport gebündelt und getrocknet. Dieses Rohprodukt wird "schwarze Rinde" Kurokawa genannt. Die Ausbeute an Rinde entspricht etwa 15% Gewichtsanteil der Zweige.

Trocknende Bündel abgeschälter Kozo-Rinde
auf Trockengestellen

Eine weitere Verfeinerung ist es, unmittelbar nach dem Dämpfen, solange die Rinde noch weich ist, mit Hilfe eines Messers die innere weiße Rindenschicht "weiße Rinde" von der äußeren, dunklen Rindenschicht abzuziehen und beide Rindenschichten getrennt weiterzuverarbeiten.

Anschließend wollen wir für das Spezialpapier "Seichoshi" nur noch die Weiterverarbeitung von ca, 37 Kg "weißer Rinde" (also der inneren Rindenschicht) weiterverfolgen.

Die einzelnen Arbeitsschritte der eigentlichen Papierherstellung...

...am Beispiel der traditionellen Herstellungsmethode von Seichoshi-Papier (eine besondere Sorte Buchpapier) ausgehend von etwa 37 Kilo des Rohmaterials "weiße Rinde" des Kozo auf die Leistung einer Person berechnet...

Dauer
(Tage)

Die einzelnen Arbeits-Schritte der Herstellung

1

Einweichen
Die getrocknete weiße Kozo-Rinde wird zum Weichmachen eine Nacht lang in Wasser eingeweicht.
 

1

Kochen mit Alkali (Lösen der Fasern)
Am Folgetag wird gelöschte Kalklösung auf die weiße Kozorinde gespritzt und dann in einem Kessel gekocht. Gekocht wird etwa 3 Stunden. Dabei wird ständig umgerührt. Dann wird das Material bis zum nächsten Morgen im Kochkessel belassen. Durch diesen Prozeß werden die Bindesubstanzen welche die Fasern zusammenhalten wie Pektin oder Lignin in Lösung gebracht und entfernt. Die Bindesubstanzen würden, falls belassen, später eine Verfärbung und Schwächung des Papiers verursachen. Man muß darauf achten, die Chemikalien nur so schwach wie möglich zu halten, um eine Schädigung der Papierfasern zu vermeiden.
 

3

Ausspülen der Chemikalien
An einem sonnigen Tag wird das Material für 24 Stunden in fließendem Wasser gespült um die Chemikalien auszuwaschen. Dann wird das Material von Hand auseinandergezupft und idealerweise kann dabei kein größerer Widerstand gefühlt werden, da die Bindesubstanzen vollständig entfernt wurden.
Anschließend erfolgt eine Bleichung des Rohmaterials an der Sonne. Bei der traditionellen Methode wird das Material auf Bambusgestelle gelegt, welche in der bäuerlichen Nebensaison in gefluteten Reis-Paddies stehen.(Paddy-Bleichung).
In Bergregionen war früher Schnee- oder auch Flußbleichung üblich, bei der das Material über Schnee oder im fließenden kalten Flußwasser ausgebreitet wird.
Alle diese Methoden nutzen die Ultraviolettstrahlung und freiwerdenden Sauerstoff des Flusses oder der Vegetation.
Zur Erinnerung: Unsere Großmütter legten ihre Wäsche zum Bleichen auf Bleichwiesen aus...
 

10

Manuelles Entfernen von Unreinheiten
Da ein einwandfreies Papier keinerlei Fehler erlaubt, wird jedes Faserbündel von Hand aufgenommen und manuell von kleinen Unreinheiten gesäubert.

Manuelles Durchmustern der Fasermasse...

Die noch verbliebenen gelblichen, faserigen Stellen in der weißen Rinde rühren daher, daß die Kozozweige während ihres Wachstums geringe Schäden erlitten haben; beispielsweise durch Aneinanderschlagen oder -reiben der Zweige im Wind. Man versucht daher, die Unreinheiten von vorneherein durch das oben erwähnte Beschneiden der Pflanzen zu mindern, indem man den Schnitt so anbringt, daß alle Zweige Abstand voneinander haben.
Das Durchmustern auf Unreinheiten ist der für die Papierqualität wichtigste Arbeitsschritt; ist sehr zeitaufwendig und echte Schwerarbeit. Die Arbeiter sitzen im Winter den ganzen Tag mit dem feuchten Material in den bloßen Händen und entfernen winzigste, kaum noch zu erkennende Unreinheiten. Dabei werden die Finger vor Kälte taub und müssen von Zeit zu Zeit in warmem Wasser aufgewärmt werden, damit die Arbeit fortgesetzt werden kann.
Meist werden für diese Arbeit Frauen eingesetzt...
Eine Person schafft etwa 3,7 Kilo Material pro Tag und der Prozeß wird, um absolut perfektes weißes Material zu erzeugen, mindestens zwei mal wiederholt...
 

2

Schlagen der Fasern

Schlagen mit dem flachen Schlagholz...

Eine Portion Rohmaterial von etwa 2,6 Kilo wird etwa 40 Minuten geschlagen und anschließend nochmals 30 Minuten lang geschlagen diesmal jedoch von Hand.
 

4

Das Papierschöpfen
Um ein Papier ohne Klumpen und Verdickungen zu fertigen ist es sehr wichtig, die Fasern so gleichmäßig wie möglich aufzuschwemmen bzw. im Wasser zu verteilen. Im Westen wurde das Problem der gleichmäßigen Faserverteilung dadurch gelöst, daß man den Faserbrei lange in Mörsern stampfte. Dies ergab zwar kurze Fasern, hatte jedoch eine Verminderung der Reißfestigkeit zur Folge.
Bei der japanischen Washi-Produktion aus Gampi, Kozo und Mitsumata bleiben die langen Fasern erhalten. Sie würden normalerweise recht schnell sedimentieren (spez. Gewicht ungefähr 1,5g/cm3). Dies wird jedoch durch einen Kunstgriff verhindert, der mit Fug und Recht als genial bezeichnet werden kann.
Indem der Pulpe eine Schleimlösung, Neri genannt zugefügt wird, die traditionell aus der Wurzel der Pflanze Tororo Aoi (Abelmoschus manihot medicus), daneben heutzutage aus Aogiri (firmiana platanifolia), der Rinde von Noriutsugi (Hydrangea paniculata) oder der Wurzel von Ginbaiso (blaues Flaschengras) gewonnen wird. Die Schleimlösung besteht aus Mucopolysacchariden, die bei der Zerkleinerung der Wurzel und Mischung mit Wasser entsteht. Die Lösung wird durch ein Tuch filtriert und direkt der Pulpeaufschwemmung zugegeben. Beste Wirkung bei niedrigen Temperaturen.

Die Papiermasse oder besser Faseraufschwemmung wird wiederholt auf das Sieb aufgeschöpft und nimmt bei jedem Durchgang an Dicke zu.

Papiermacher beim Schöpfen auf das Sieb, welches federnd an
Bambusstangen aufgehängt ist...
Hinter ihm der Stapel frisch geschöpfte, feuchte Papierbögen...

Man unterscheidet drei Schöpf-Etappen für ein Blatt, von denen die erste zur Anlage der Papierfasern quer zu den Sieb-Ritzen dient (besseres Ablösen des nassen Bogens aus dem Sieb), die zweite zum Papierdickenanlegen und die letzte damit die Rückseite des Bogens glatt wird...

Wenn das Papier die gewünschte Dicke hat, wird das Sieb aus dem Rahmen genommen, das noch feuchte Blatt abgenommen und ein Blatt nach dem nächsten direkt aufeinander auf dem Stapel abgelegt. Dieses direkte Aufeinanderlegen ist möglich, weil die Schleimsubstanzen ein Aneinanderkleben der einzelnen Papierlagen verhindern. Bei der westlichen Papierherstellung fehlt die Zugabe von Schleimsubstanzen, deshalb muß zwischen die Papierlagen jeweils eine Lage Filz eingeschoben werden.

Dank Neri könne zeitaufwendige Prozesse wie das im Westen verwendete Mörsern und Mahlen der Fasern umgangen werden. Der Schöpfprozess kann gemächlich ablaufen, weil dank Neri die Fasern nur sehr langsam sedimentieren. Der Neri-Schleim entfaltet seine Wirkung am besten, wenn es kalt ist; außerdem behält er in Kälte seinen "guten Einfluß" auf die Papierherstellung selbst dann, wenn man das Pulpefaß über Nacht stehen läßt und funktioniert dann noch genauso gut. Arbeits-/ Herstellungsbedingungen bleiben so unverändert und garantieren eine gleichmäßig gute Papierqualität.
 
Die größte für einen Einzelarbeiter herstellbare Bogengröße beträgt 97 x 188cm.
Die Größe Shojigami 63.6cm x 93.9cm wird für die japanischen Papier(gami)schiebetüren(shoji) hergestellt. Anfertigungen für Spezialzwecke sind möglich, so beispielsweise Papierbögen von 4m2 in Fukui.
 
Die Leistung eines einzelnen Papiermachers beträgt etwa 300 Papierblätter (à 18g) pro Tag. Der schwere Schöpfrahmen mit dem Sieb hängt an Seilen von Bambusstangen federnd unterstützt von der Decke herab. Bei jedem Schöpfvorgang werden etwa 10 Liter Wasser in den Rahmen gefüllt(!). Der Rahmen muß absolut eben gehalten werden, damit das Papier nicht einseitig zu dick wird. Für die Männer eine Schwerarbeit, die dicke Schwielen an den Händen verursacht und erst nach jahrelanger Erfahrung beherrscht wird...

Dagegen produziert eine westliche Papiermaschine mit Endlossieb von drei Metern laufender Breite mit einer Geschwindigkeit von 800m pro Minute(!); sie übertrifft die Washi-Produktion um einen Faktor 18000...
 

0

Pressen der Papierbögen
Die am Vortag gemachten Papierblätter werden in Stapeln Shito von mehreren hundert Blättern gepresst, während die Produktion parallel dazu weiter läuft.
Auf den "Shito" wird im Lauf von etwa zwei Tagen mehr und mehr Gewicht aufgegeben um möglichst viel Wasser abzupressen. Der Gehalt an Neri, ein guter Bakteriennährboden, birgt im Sommer die Gefahr, daß Fäulnis einsetzt. Dies führt dazu, daß der Nerigehalt mehr und mehr abnimmt und daß dann abgesehen von unerwünschten, fleckigen Farbveränderungen oder schlechter Beschreibbarkeit des Papiers, die einzelnen Bögen nicht mehr vom Stapel abgelöst werden können und zerreißen und damit die ganze Produktion wertlos wird...
Also wiederum Kälte als wichtige Voraussetzung für gute Papierqualität...
 

2

Trocknen der Bögen...
...kann natürlich nur bei trockenem Wetter geschehen; ansonsten wäre der Trocknungsprozeß zumindest verlängert beziehungsweise Fäulnisflecken könnten die ganze Arbeit zunichte machen.
Traditionell werden die Papierbögen zum Trocknen auf Holzbretter aufgebürstet und im Freien aufgestellt.

Dreieckig prismatische Trockner mit Platten aus rostfreiem Stahl (Rostflecken!) lösten die alten Holztrockner/-Bretter ab. Das "holzgetrocknete" Papier kann von "stahlgetrocknetem" Papier durch seinen "Griff" unterschieden werden. Stahlgetrocknetes Papier wird durch den schnelleren Trockenprozess steifer, weniger biegsam bzw. faltbar. Beim Holz-Trockenprozeß hat das Papier Zeit, sich dem Trocknungsgrad der Holzbretter allmählich anzupassen. Es scheint, daß dieser Unterschied beim fertigen Papier weiterbesteht obgleich sich der Feuchtigkeitsgehalt beider Trockenarten allmählich angleichen müßte.
Hinzu kommt, daß das Papier bei den höheren Trockentemperaturen der Stahltrockner weniger reißfest ist. Dies resultiert aus der schnelleren Trocknung, die zur schnelleren Kontraktion der Fasern durch den Wasserverlust führt; deshalb neigen die Fasern mehr dazu, untereinander den Kontakt zu verlieren.

Die polierten Stahlplatten der Trockner machen die "Papiervorderseite" glatt, während bei den Holztrocknern die Unebenheiten der Maserung noch leicht erhalten bleiben.
Die Papierrückseite trägt häufig noch die Streifen der Bürstenstriche.

Wenn 24 Trockenplatten benutzt werden, kann man 96 Papierblätter auf einmal trocknen. Bei gutem Wetter trocknen diese in etwa 1 1/2; so beträgt die Tages-Trockenleistung etwa 600 Blätter.
 

23...

...Tage werden etwa im Durchschnitt für die obige Produktion veranschlagt .

 
...jetzt wissen Sie auch, warum das "Japanpapier" etwas teurer ist als unser "0815"-Papier vom Supermarkt...
 

Das Schöpfsieb, der Rahmen...
Früher wurden die Papierbögen immer einzeln hergestellt; die Siebe waren aus einer Grasart (miscanthus sinensis, "japanisches Pampasgras") und Verbindungsfäden aus Flachs oder Pferdehaar; kein besonders dauerhaftes Material.
Miscanthussiebe mit Seiden-Verbindungsfäden werden heutzutage noch für Spezialzwecke wie Calligraphiepapiere benutzt.
Herr Genta Yoshii aus Ino-cho im Kochi-Distrikt verbesserte Mitte des 19.Jahrhunderts die Siebe, indem er sie aus Bambussplittstäbchen mit langen Internodien des schwarzen Bambus Phyllostachys nigra oder Phyllostachys bambusoides und Seidenfäden herstellte. Er entwickelte aufgrund der stark gestiegenen Papiernachfrage Mehrfachsiebe für sechs bis acht Bögen gleichzeitig und erfand die Seideneinlage ins Papiersieb mit der es möglich war, hauchdünne Papiere wie das Tengujo-Papier herzustellen.
Für einen Sieb von etwa 60cm x 90cm werden etwa 2000 Bambus-"stäbchen" mit einem Durchmesser von etwa 0,5mm(!) benötigt.
Für die Siebherstellung  werden die Bambushalme im Spätherbst bis Winter geschnitten.
Es werden Mindestlängen der Internodien von 40cm benötigt; je länger, desto besser; deshalb können auch nur ca. acht Internodien eines Bambushalms verwendet werden.
Beim Spalten der Splittstäbe werden die äußere Haut und das weiche Innere entfernt. Der Verbindungsfaden für das Verweben der Bambusstäbchen besteht aus einem starken Seidenfaden, der mit wegen der längeren Haltbarkeit mit Dattelpalmen-Gerbstoff behandelt wird. Jeweils ein Paar Fäden werden unter immer gleicher Spannung (Abstand!) um jedes Stäbchen geschlungen; das Ausweben eines Siebes ist etwa eine Woche Arbeit. Zum Schluß wird das Sieb mit Wasser befeuchtet (Größenveränderung durch Wasseraufnahme!), auf die Größe des Halterahmens zugeschnitten und eingepaßt.

Der zum Sieb hin leicht konvexe Halterahmen (Ausgleich des Wassergewichts, um eine ebene Schöpffläche hinzubekommen!) wird aus Hinoki-Holz, einer japanischen Zypressenart gemacht. Deren Holz ist langfaserig, leicht, sehr gerade gemasert und wirft sich nicht. Deshalb bleibt es von allen Hölzern, egal ob feucht oder trocken, auch am besten in der Form.
Alle Metallteile wie Griffe, Haspeln und Beschlagteile werden aus nichtrostender, elastischer Bronze hergestellt.
 

Das Auslaufen der Tinte...

Wenn Japanpapier mit wässrigen Farben/ Tinte beschrieben wird, laufen die Farben aus, das heißt, sie bleiben nicht in der "Schreibspur", sondern wandern im Papier und bilden immer größer werdende Flecke wie in Löschpapier Diese normale Papiereigenschaft hängt zunächst von verwendeten Rohmaterial  und der weiteren Verarbeitung ab. Je dichter die Papierfasern zusammenliegen, desto weniger laufen die Farben aus.
Um dies ganz zu verhindern wird das Papier "geleimt". Dadurch werden die Poren des Papiers verschlossen und bieten der Tinte keinen Platz mehr, die Papierfaser wird wasserabweisend gemacht.

Zur Leimung werden Leim, Stärke und natürliche sowie synthetischeHarze verwendet. Die Stoffe werden in wässrige Lösung gebracht und auf den Papierbogen aufgepinselt.
"Dosa" wird in Japan die auch bei der westlichen Papierproduktion angewandte Methode genannt, bei der eine Mischung aus Leim- und Alaunlösung auf das Papier kommt.

Diese Methode ist nicht unproblematisch, verursacht sie doch die allmähliche Vernichtung ganzer Bibliotheksbestände durch hydrolytische Schwefelsäurefreisetzung im Papier, das dadurch brüchig wird...
Deshalb wurden inzwischen Leimungen auf Alkalibasis entwickelt, die diesen Nachteil nicht haben.

 

Für mich ist Papier, speziell Japanpapier das schönste und vielseitigste Material für eine Drachenbespannung. Die Eigenschaften, wie Dauerhaftigkeit, Dekorierbarkeit, Klebeeigenschaften und die stoffartige Konsistenz, die dieses Papier nach kurzem Gebrauch annimmt, machen es einzigartig.

Japanpapier - geniale Einfachheit und Purismus -es grenzt an Philosophie...

Pflanzen im Drachen- und Instrumentenbau...

  

Wer sich speziell für eine Erklärung der japanischen Ausdrücke für die einzelnen Arbeitsgänge, Materialien, etc. interessiert, dem sei das folgende Glossar empfohlen:
http://www.awagami.or.jp/english/grossary.html

Ein interessanter Artikel über Pflanzenfasern für Papier, Seilerei und Textilien:

http://waynesword.palomar.edu/traug99.htm

Zusatzstoffe zu traditionellem und neuem Papier http://www.arts-in-company.com/paper/additives/additives.html

Firmen, die Japanpapier vertreiben sind beispielsweise:

Fa. Gerstaecker Künstlerbedarf und deren Mustersammlungen Japan-Faserpapiere/ Japan-Fantasiepapiere...

CIT Büro Schule Informationstechnik

http://www.buch-kunst-papier.de



 

Empfehlenswerte Literatur:

H.G. Schwieger
Papier-Praktikum Besonderheit: Mustersammlung verschiedener Papiere!!

Buisson, Dominique
Japanische Papierkunst Wunderschön illustriertes Buch über japanisches Papier...

Barrett, Timothy
Japanese Papermaking Alles über traditionelles Papiermachen in Japan.

Hunter, Dard
Papermaking: The History and Technology of an Ancient Craft.

 
Verschiedene japanische Washi-Adressen (englischsprachig):
 
http://www.washiya.com/washinomokuji/english.html

http://www.japanesepaperplace.com/washi.htm

http://www.kansai.gr.jp/culture/washi/index_e.htm

Anmerkung:
Die Abbildungen sind Feder-Nachzeichnungen von Photos aus dem Internet bzw. von Abbildungen aus dem hervorragenden Werks von Barrett(s.o)

Anregungen, Ideen, Kritik, Fragen ;-)) ...?

Dann Bitte Mail an Kite Musical Instruments...
 
...Sie geben mir damit die Möglichkeit, diese Seiten
für
Sie
weiter zu verbessern, Danke!

 
All Rights Reserved, Uli Wahl
  
Zurück zur Kite Musical Instruments/ Aeolsinstrumente Hauptseite